1. Advent: Rumpelhexe im Weihnachtsfieber

 

Einen wunderschönen 1. Advent wünsche ich euch!

 

Hier ein kleines Vorweihnachtsgeschenk von mir: die erste Adventsgeschichte aus dem Märchenland, "Rumpelhexe im Weihnachtsfieber".

 

Viel Spaß beim Lesen! 

 

PS: Wenn ihr die Links anclickt, kommt bestimmt Weihnachtsstimmung auf.

Rumpelhexe im Weihnachtsfieber

 

Manuela Efthimiadis

 

Es weihnachtet. Nordlichter tanzen über den Sternenhimmel, tauchen das Märchenland in magisch schönes Licht. Überall im Wald knistert und raschelt es geheimnisvoll. Wimmerwichte tragen rote Zipfelmützen mit kleinen Glöckchen daran und flitzen jammernd durch den kalten Schnee, Zwerge und Bären haben sich tief in ihre warmen Höhlen zurückgezogen. Nur ein kleiner Schneetroll freut sich über die eisigen Schneeflocken.

Die Rumpelhexe erträgt die erwartungsvolle Stimmung kaum. »Jedes Jahr dasselbe Theater!«, murmelt sie und rührt mürrisch im großen Hexenkessel. Ein konzentrierter Blick in die grün dampfende Suppe zeigt ihr, dass auch in der Menschenwelt das Weihnachtsfieber umgeht. Hoffnungsvolle Lieder von Liebe und Licht, Vorbereitungen auf den Weihnachtsabend, emsiges Schmücken und Backen treiben Jung und Alt an. Die nervigen Weihnachtslieder der Menschen klingen voll Freude und ganz eigener Magie bis in das urige Hexenhaus. Als sogar das alljähriche Last Christmas Rumpels Ohren quält, wirft sie entnervt den Kochlöffel in die Ecke. Ein Besuch bei den Gefangenen könnte ihre Stimmung wieder heben. Gegen diesen Weihnachtswahn hilft ein bisschen Leid und Quälerei. Gehässig grinsend nimmt die Alte einige Kerzen und Christbaumkugeln und tritt hinaus.

Im Hof reibt sie ungläubig ihre trüben Augen. Riesige, plumpe Trampeltrolle halten sich an den Händen, tanzen fröhlich um die Hexe herum. Die sonst schweigsamen Kerle brummen begeistert ein Lied. Drehend und hüpfend wie haarige dicke Ballerinas tänzeln sie, seelig lächelnd. So etwas Groteskes wie diesen Tanz der Trampeltrolle hat Rumpel nie zuvor gesehen! Doch es wird noch verrückter! Um die Ecke vom Hexenhaus stehen Wesen aus den Glutebenen frierend im Schnee und misshandeln trällernd eine Gitarre. Feliz Navidad im Märchenland! Die Welt ist wirklich verrückt geworden! Die Hexe schüttelt verärgert den Kopf, aber ungewollt und unbemerkt klopft ihr Fuß den Takt mit, zucken die Hüften und die Mundwinkel heben sich minimal. Erschrocken humpelt Rumpel weiter. Beinah hätte sie gelächelt!

Am Waldrand üben Vogelkinder eine Aufführung. Das Lied der Vögel bricht endgültig das Eis um Rumpels Herz, sie lacht schallend. Erschrocken plumpsen die Vögelchen bei ihrer überstürzten Flucht durcheinander. Rumpel kichert vergnügt. Eigentlich ist Weihnachten doch nicht so übel!

Beschwingt öffnet die Hexe den kleinen Verschlag, in dem die Retterin Emma eingepfercht ist. Die Dicke liegt am Boden des zugigen Gefängnisses, eingewickelt in eine fadenscheinige Decke. Rumpels Herz zuckt unangenehm, als die Gefangene mit rotgefrorener Nase zu der unerwarteten Besucherin aufschaut. Zögernd streicht die Alte mit der krummen Klaue über die eiskalte Wange der Gefangenen, überreicht ihr Kerzen und Kugeln und flüstert: »Fröhliche Weihnachten!« Was als gemeiner Scherz gedacht war, fühlt sich plötzlich echt und richtig an.

Kaum draußen, fällt der Blick der Hexe auf das eingeschneite Fellbündel unter dem nächsten Baum. Ben, Emmas Freund und auch einer der Rebellen, hat nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Nur der dicke Pelz schützt den Bärl vor dem Erfrieren. »Packt den Bärl zu Emma in den Verschlag! Und bringt den beiden mehr Decken!«, weist Rumpel einige Trampeltrolle an, bevor sie es sich anders überlegen kann. »Und macht ihnen ein Feuer! Tot nützen die Gefangenen nichts!« Danach rast die Hexe gut gelaunt auf einem kleinen Schlitten durch den Winterwald. Ihr Hausdrache zieht seine Herrin mit fröhlichem Kettengeklirre und singt lauthals. Sein langer Schwanz wedelt im Takt der Schritte bei dieser wilden Schlittenfahrt.

 

Emma lächelt. Ihr Plan, die Hexe mit Hilfe der Weihnachtsmagie milde zu stimmen, ist voll aufgegangen! Zum Glück konnten die Rebellen genug weihnachtliche Stimmung zaubern! Dicht an ihren Freund gekuschelt lauscht die Retterin am warmen Feuer seinen Erinnerungen. Bärige Weihnacht, wie er sie als junger Bärl erlebt hat, klingt einfach herrlich. Später, in der Stille der Nacht, singt sie ihren Weihnachtswunsch leise zu den Sternen empor. Sie kommt sich gar nicht dumm dabei vor. Schließlich ist im Märchenland alles möglich. Und an Weihnachten allemal!