Leseproben:


Wurstmarkt- Krimi:

Wie versprochen nun mein Ergebnis des Krimi-Workshops der KVHS Bad Dürkheim.

Den Plot zu diesem Krimi haben alle Teilnehmer sich gemeinsam ausgedacht, dennoch sind sehr unterschiedliche Geschichten entstanden. Dieser Text ist nicht lektoriert, daher überseht bitte die Fehlerchen.

 

Immer wieder Julia

Vorfreude ließ Sabines sonst eher verkniffenes Gesicht strahlen, zauberte ein Lächeln auf ihre schmalen Lippen. Die ersten Buden kamen in Sicht, der Duft von Bratwurst und gebrannten Mandeln schmeichelte ihrer spitzen Nase und der wummernde Bass des ersten Fahrgeschäftes beschleunigte die Schritte. Endlich Wurstmarkt! Seit Wochen schon hatte sie sich auf dieses grandiose Weinfest gefreut. Die herzliche Freundlichkeit der Pfälzer, die fröhliche Ausgelassenheit des Festes, beflügelten ihre Hoffnung auf neue Bekanntschaften. Das Ende der Einsamkeit.

Es war sehr voll. Ziellos trieb Sabine im Gedränge dahin. Umringt von lachenden Gesichtern beobachtete sie, wie Freunde sich freudig begrüßten, Pärchen Hand in Hand dahinschlenderten und ganze Gruppen laut schnatternd gemeinsam durch die Menge drängten. So viele nette Menschen. Erwartungsvolle Spannung wuchs, ihr Nacken prickelte.

Irgendwann bog Sabine in das Hamel-Zelt ab. Heiße Luft schlug ihr entgegen, geschwängert von Wein- und Schweißgeruch. Volksmusik dröhnte, die Stimmen der brodelnden Menschenmenge summten lautstark und unverständlich. Erhitzt öffnete Sabine die Knöpfe ihres schicken Trenchcoats. Dicht an ihr schob sich ein junger Mann vorbei, sein muskulöser Oberkörper rieb an ihrer Seite entlang. Sie lächelte ihn unbemerkt an, sah ihm versonnen hinterher.

Auf den Tischen tanzten fröhlich Angetrunkene, es war eine Freude, dem lebenslustigen Gehopse zuzuschauen. Ein Mädchen winkte in Sabines Richtung, lachte mitreißend.

Sofort steuerte sie auf den schwankenden Tisch zu, winkte schüchtern zurück.

»Ups, sorry!«, tönte es von oben. Ein kalter Schwall Schorle ergoss sich über Sabines Hals und Brust, sie sprang zurück und rang vor Schreck nach Luft.

Hier war nicht der richtige Ort für sie. Nervös spielten die Finger mit dem Gürtel des Mantels, als sie das Zelt verließ. Hunger trieb Sabine zu einem der Wurststände.

Die dralle Verkäuferin, gestresst von dem großen Andrang, lächelte dennoch und reichte ihr aufmerksam einige Servietten mit der Bratwurst. »Ham se Schorle uff Sie g´schitt, hä? Des passiert emol uffm Woschtmarkt«, meinte sie freundlich mit Blick auf den nassen Fleck.

Da war sie: pfälzische Freundlichkeit in ihrer Urform. Sabine entspannte sich wieder, schlenderte an den überfüllten Schubkarchständen vorbei. Plötzlich stolperte sie, die Wurst fiel. Am Boden lag ein betrunkener Mann, die Beine von sich gestreckt schnarchend. Niemand sonst beachtete ihn. Erbost gab Sabine ihm einen Tritt. Schade um die leckere Bratwurst.

Weiter zum Weindorf. Dort ging es gemütlicher zu. Rasch hatte sie einen Sitzplatz unter den eleganten, weißen Schirmen ergattert, ein älteres Paar machte extra Platz. Von hier hatte sie einen guten Blick auf die Menschen an den Stehtischen direkt vor ihr. Ein junger Winzer fiel ihr gleich ins Auge, weil er so sympathisch über den Scherz eines Besuchers lachte. Das karierte Hemd stand ihm ausgesprochen gut, die rote Schürze und ein farblich passendes Halstuch rundeten das Bild perfekt ab. Sabine richtete sich auf, spielte kokett mit einer blonden Haarsträhne, wartete auf den richtigen Moment, um seinen Blick einzufangen und ihn einladend anzulächeln. Da. Er hatte sie angesehen. Nervös kribbelte es in ihrem Magen. War da nicht ein Lächeln in seinen strahlend blauen Augen? Mutig ging sie hin und sprach ihn an: »Welchen Wein können Sie denn empfehlen?«

Schelmisch grinste er sie an. »Jeden!« Er war wirklich reizend.

Belanglos plänkelte das Gespräch dahin, doch Sabine spürte deutlich die knisternde Spannung unter der Oberfläche.

»Ich muss dann mal wieder an die Arbeit!«, meinte er entschuldigend und wandte sich den nächsten Kunden zu.

Natürlich. So viele Menschen waren zu bedienen. Sabine würde warten, bis sich die nächste Gelegenheit zu einem Gespräch –oder mehr - ergab. Geduldig saß sie da, beobachtete ihn und die anderen Menschen, nippte ab und zu an der Schorle. Ihre Finger trommelten auf dem Tisch. Warum beachtete der Winzer sie gar nicht? Soo viel Arbeit war nun auch nicht.

Endlich sah er in ihre Richtung.

Rasch drängelte sie durch die Menschen vor ihm, setzte ihr verlockendes Lächeln auf und säuselte: »Na. Ich dachte schon, du hast mich verge«

 »Entschuldigung!«. Der Winzer unterbrach sie, indem er seine Hand an ihre Schulter legte.

Die Berührung ließ sie erschauern, ihr Atem stockte.

Dann schob er sie sanft zur Seite, reckte den Hals und starrte an ihr vorbei. »Vorne weg bitte. Da ist sie! Die Saumagenprinzessin!«

Das Verstehen dauerte einen Moment. Es war, als hätte ein weiterer kalter Schwall Schorle sie getroffen. Sabines Hände ballten sich zu Fäusten, unheilvoll prickelte der Nacken. Sie folgte seinem Blick: eine Frau im Dindl, das die Oberweite obszön betonte, die Haarpracht zu einem Zopfkranz geflochten, flanierte unverschämt mit den Hüften wackelnd durch die gaffende Menge. Sie genoss die Aufmerksamkeit lächelnd wie eine Katze, die den Sahnetopf ausgeschleckt hatte.

Sabine stöhnte auf: »Julia!«. Sie wurde blass. Ein heißer Knoten zog sich in ihrem Magen zusammen, pochte unangenehm. Erinnerungen stürmten auf sie ein: Julia, gehässig in der Schule grinsend, während alle Kinder Sabine auslachen. Julia, knutschend auf dem Pausenhof – mit Sabines Schwarm. Julias fröhliches Lachen auf dem Abschlussball, wo Sabine einsam in der Ecke saß. Oh, sie hasste Julia. Schon seit Jahren war die Wut gewachsen, glühte rot in Sabines Eingeweiden, fraß sich langsam durch und wand sich wie ein Wurm, der nur auf die Gelegenheit wartet, auszubrechen.

Bamm! Der Knall riss Sabine grob aus den Gedanken, ließ sie erschrocken zucken. Als sie die erhobenen Köpfe sah und die »Ahh!« und »Oh!« der Menge hörte, dämmerte es ihr: das Feuerwerk begann.

Nur wenige Schritte weiter vorne stand Julia an eine Trennwand gelehnt, auch in den Anblick der bunten Raketen vertieft. Niemand beachtete sie mehr. Nervös spielte Sabine mit dem schmalen Gürtel des Mantels, ihre Füße bewegten sich wie von selbst.

Es ging unerwartet schnell: den Gürtel um den Hals der Saumagenprinzessin, ziehen mit aller Kraft. Durchhalten. Die Prinzessin fiel, da ging es leichter.

Kurz zappelte und röchelte Julia noch, dann lag sie endlich still.

Sabine sah sich verstohlen um: Keiner hatte etwas bemerkt. Sie lehnte die Tote an die Trennwand, es sah aus, als würde sie trunken schlafen. Erst jetzt begannen Sabines Hände zu zittern. Der Knoten in ihrem Magen brannte nicht mehr, nur wohlige Wärme war geblieben. Sie fühlte sich müde, ausgebrannt. Zeit, nach Hause zu gehen. Unauffällig mischte Sabine sich in das Gedränge der Menschen auf dem Wurstmarkt. Niemand schenkte der unscheinbaren Frau Beachtung, wie immer.

Aber ein Gedanke zauberte ihr dennoch ein Lächeln auf die schmalen Lippen: das nächste Weinfest würde bald kommen. Und es gab noch so viele Julias. Vorfreude ließ Sabines sonst eher verkniffenes Gesicht strahlen.      

 

 

 


Ehe

Eine Postkartengeschichte von Manuela Efthimiadis

 

"Was machste denn jetzt schon wieder?" Er schaut über ihre Schulter und schüttelt den Kopf. Dabei macht er dieses Geräusch: eine Mischung aus Schnauben und Zischen, die höchstes Missfallen ausdrückt.

Ihr Nacken prickelt. Manu hasst diesen Ton. Bieratem schlägt ihr ins Gesicht. Betont ruhig tritt sie am Herd zur Seite und wendet sich ihm zu: "Kochen nennt man das. Ich mache das jeden Abend."

"Werd nicht frech! Kochen? Das wirst du nie lernen! Den Scheiß fressen nicht mal Schweine!"

Sie zuckt mit den Schultern und greift nach dem Salz. Die Zeiten, wo er sie noch aufgeregt hat, sind lange vorbei.

"Und wie es hier aussieht! Hast den ganzen Nachmittag auf deinem fetten Arsch gesessen, hä?" Seine Hand klatscht auf ihren Hintern und knetet ihn. "Du bist so fett geworden, selbst wenn du wolltest, würde ich keinen hochkriegen."

Manu stößt die Hand weg und rückt weiter von ihm ab. "Lass mich. Du hast getrunken."

"Jupp." Seine Backen schwabbeln, so heftig nickt er. "Hab probiert, dich schön zu saufen. Klappt net."

Ungerührt richtet sie das Besteck neben dem Herd.

"Los, red mit mir! Oder biste schon tot, alte Kuh?"

Ihr Nacken prickelt wieder.

Grob grabscht er nach ihren Brüsten. Ein Arm legt sich um ihren Hals.

Er macht wieder dieses ekelhafte Geräusch. Diesmal zaubert es ein Lächeln auf ihre Lippen.

Ganz ruhig zieht sie das Messer aus seinem Hals und wendet sich dem Tisch zu. Ihre drei Kinder starren sie ungläubig an. "Heute können wir in Ruhe essen."


Sommer, Sonne, Suppenhuhn

von Manuela Efthimiadis

 

Seufzend wende ich mich vom Herd ab. Die elende Hühnersuppe darf noch ein Weilchen vor sich hin kochen. Nicht nur, dass mich diese Kocherei nervt, Hühnersuppe mag ich nicht. Von dem Geruch wird mir übel. Leider lieben mein Mann und meine Kids sie. Ich setze mich an den Küchentisch und greife nach den Prospekten. Selten herrscht Ruhe hier im Haus. Das Werbe-Blatt sinkt unbeachtet auf den Tisch, in meinem Kopf schrillen Alarmglocken, ich versuche mit meinem Mama-Röntgenblick die Wand zum Wohnzimmer zu durchdringen. Ruhe um diese Zeit? Die drei Kids sind da, das W-Lan ist noch aus. Da stimmt was nicht!

Im Wohnzimmer bietet sich mir ein ungewohntes Bild: Die drei Teenies sitzen auf der Couch, ihre Köpfe einträchtig über ein dickes Buch gebeugt. Guter Gott, sie haben ein altes Fotoalbum aus den Tiefen der Wohnzimmerschränke an das Tageslicht gezerrt. Ich erhasche einen Blick auf das Foto. Es zeigt mich vor 17 Jahren. Im Bikini, mit einer weißen Masse im Gesicht. Im Hintergrund strahlt azurblau das Meer.

»Wow, Mama, da warst du noch gar nicht fett«, meint Kassandra.

Ich überhöre gekonnt den Inhalt und lasse nur den bewundernden Ton an mich dringen. »Das war mein erster Urlaub in Griechenland. Vor vielen Jahren.«

Sechs Augen schauen mich erwartungsvoll an.

»Mama-a, bitte erzähl!«

Wo sollte ich nur beginnen? Viele Details dieses denkwürdigen Urlaubs waren nicht für Kinderohren geeignet. Angelika reißt mich aus den Erinnerungen, indem sie zu dem Bikinibild zurückblättert und fragt: »Was hast du nur im Gesicht?«

»Salatdressing«, antworte ich, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. »Jogurt hilft bei Sonnenbrand. Aber wir hatten nur Jogurt-Dressing.«

Die Kinder lachen, und ich erzähle von dem Sommer, in dem das Chaos in mein Leben trat:

»Theodoros und ich kannten uns seit zwei Monaten und waren frisch verliebt. ...


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